Was tun, wenn einer der Hauptrechner pünktlich zum Start des Homeoffice aufgrund des Covid19-Lockdown mit Displayfehler die Arbeit verweigert? Im Fall unseres 2011er iMac heizt man am besten den Ofen auf Ober- und Unterhitze mit 200°C vor.
Genau das ist bei uns im April eingetreten. Der in die Jahre gekommene Hauptrechner ließ sich nicht mehr starten, das Display zeigte beim Einschalten nur eine weiße Fläche mit vertikalen grünen Streifen – nichts geht mehr.
Grafikkarte defekt
Nach kurzer Recherche ist schnell klar, dass der Übeltäter die Grafikkarte ist und das Problem nicht gerade selten auftritt: Möglicherweise zeigen die Lötstellen der Grafikkarte Ermüdungserscheinungen. Da der Rechner schon einige Jahre auf dem Buckel hat und ohnehin bald erneuert werden soll, stellt sich die Frage nach einem Neu- bzw. gebrauchtkauf der baugleichen Grafikkarte nicht mehr. Stattdessen setzen wir auf Hop oder Drop und wenden einen schon länger bekannten „Schmäh“ an: Wir backen die Grafikkarte für kurze Zeit in einem Backofen um feine Risse der Lötstellen vielleicht doch wieder zu schließen.
Zutaten
Um das Prozedere durchzuführen ist es zunächst wichtig, alle relevanten Utensilien zu besorgen. Dazu gehören beispielsweise
- Glasheber zum Anheben des Displayglases
- Mittel zum Entfernen der alten Wärmeleitpaste (zb Arctic Silver ArctiClean)
- Wattestäbchen
- Neue Wärmeleitpaste
- Torx T10 Schraubenzieher
- Alufolie
- Backofen
- viel Zeit
Rezept
1. Gehäuse öffnen
Im ersten Schritt muss das Display entfernt werden, um überhaupt zum Mainboard zu gelangen. Das Display wird dabei von einem Displayglas geschützt, welches mit starken Magneten am Gehäuse gehalten wird. Mit den entsprechenden Glashebern hat man es aber schnell entfernt. Mit dem Torx-Schraubenzieher wird dann das Displaypanel vom Gehäuse abgeschraubt.
Das Display kann dann für wenige Zentimeter angehoben werden – die Ansteuerungskabel für das Panel und Hintergrundbeleuchtung sind derart kurz gehalten, dass das Abhängen eine kleine Herausforderung ist.
2. Mainboard ausbauen
Hat man das Display endlich entfernt, so erkennt man im mittleren Bereich das aufgeteilte, umgedreht eingebaute Mainboard. In der Mitte befinden sich die Heatpipes des CPU-Kühlers die nach rechts außen die Wärme zum Lüfter ableiten. Im linken mittleren Bereich, direkt zwischen dem Slot-In-CD-Laufwerk und der Festplatte, befindet sich dagegen der Kühlkörper der die ebenfalls umgedreht eingebaute Grafikkarte verdeckt. Um zu dieser zu gelangen, muss das Mainboard inklusive CPU, Grafikkarte und aller Kühlkörper abgesteckt und ausgebaut werden.
3. Grafikkarte reinigen
Der Kühlkörper der Grafikkarte kann nun abgeschraubt werden um zur Grafikkarte zu gelangen.
Mit den Wattestäbchen und der Lösung wird die alte, ausgetrocknete Wärmeleitpaste feinsäuberlich entfernt.
Der Kern der Grafikkarte ist nicht wie bei CPUs mittlerweile üblich mittels Heatspreader geschützt sondern sitzt blank am Board, weshalb man bei den Kanten des Kerns durchaus vorsichtig vorgehen sollte.
4. Backen
Die ganze Grafikkarte kommt nun mittels Distanzhaltern aus Alufolie auf einem Backblech für 10 Minuten bei ca. 200°C in den vorgeheizten Ofen. Den Geruch sollte man eher nicht genießen.
5. Ziehen lassen und garnieren
Nach 10 Minuten im Rohr lässt man die knusprig aussehende Karte abkühlen, steckt sie anschließend wieder ans Mainboard benetzt sie mit neuer Wärmeleitpaste.
6. Wieder zusammenstellen
Feinsäuberlich baut man die Teile wieder zusammen – zuvor aufgenommene Fotos der einzelnen Anschlüsse und Kabel helfen enorm.
7. Genießen
Abschließend der beste und spannendste Moment der Arbeit: Man schaltet den Rechner ein und wartet darauf, ob nun alles wieder funktioniert, oder ob der Rechner nun gänzlich für die Entsorgung bereit ist.
Wenn endlich eine rein weiße Fläche dargestellt wird dauert es noch eine gefühlte Ewigkeit bis auch tatsächlich das graue Apple-Logo inkl. Ladebalken erscheint und man realisiert, dass es tatsächlich geklappt hat.
Zusammenfassung
Mit dieser kuriosen Reparatur haben wir unseren iMac mittlerweile wieder 9 Monate in Betrieb. Sollte das Problem erneut auftreten, so kann ein zweiter Backvorgang nochmals helfen.